Dengue-Fieber bald keine Tropen-Krankheit mehr?

Dengue-Fieber bald keine Tropen-Krankheit mehr?

Endlich Impfstoff verfügbar!

 

Ausgehend von Südostasien hat sich das Dengue-Fieber mittlerweile gürtelförmig um den Globus auf 128 Länder ausgedehnt. Rund 400 Millionen Infektionen jährlich schätzt die WHO mit sicherlich hoher Dunkelziffer – weit mehr als Malaria. Tendenz steigend sowohl was die Fallzahlen als auch die geographische Ausbreitung in südliche und nördliche gemäßigte Regionen angeht. Kleine Ausbrüche gab es auch schon in Süditalien, Südspanien, der Türkei und sogar im Rheingraben, weil die früher in den Tropen und Subtropen beheimateten Aedes-Mücken dank des Klimawandels sich in diesen Gebieten etabliert haben. Noch sind diese Ausbrüche in  Europa und Mittelmeer-Anrainerstaaten auf ein Jahr begrenzt, weil es noch Winter gibt und die infizierten Mücken diesen nicht überleben. Mittlerweile betrifft das Dengue-Infektionsrisiko jeden zweiten Fernreisenden.

 

Das Dengue-Fieber ist eine durch Stechmücken der Arten Aedes aegypti und Aedes  albopictus übertragene Viruserkrankung. Um die Krankheit und dann auch den segensreichen Erfolg der nun endlich verfügbaren Impfung aber auch die Grenzen dieses Erfolgs zu verstehen, muss man einige Details dieser Virusinfektion kennen.

 

Von den Dengue-Viren, kurz DENV, aus der Gruppe der Flavi-Viren, zu denen auch das Gelbfieber Virus gehört, gibt es vier verschiedene Sero-Typen, DENV 1-4. Sie unterscheiden sich in einigen biochemischen Details und ihren Oberflächenantigenen; die ausgelöste Krankheit ist dieselbe.

Die Erstinfektion mit einem der DENV verläuft oft sehr mild mit Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und meist einem punktförmigen Hautausschlag vor allem an den Gliedmaßen. Aber auch die Erstinfektion kann schwer, mit Blutgerinnungsstörungen und selten auch tödlich verlaufen. Sie hinterlässt eine lebenslange Immunität gegen diesen einen DENV-Typ.

Eine Zweitinfektion mit einem der anderen DENV-Serotypen gegen die noch keine Immunität besteht, verläuft in der Regel sehr viel schwerer. Im Vordergrund stehen dann die Blutgerinnungsstörungen („kapillares Lecksyndrom“) und eine Überreaktion des Immunsystems. Die Letalität bei Zweitinfektion ist deutlich höher.

 

Die Entwicklung eines Impfstoffs war außerordentlich schwierig. Erstens weil es ja eigentlich vier Impfstoffe gegen vier unterschiedliche Viren waren und zweitens weil die Impfung keinesfalls wie eine Erstinfektion wirken durfte, die dann bei Kontakt eines Geimpften mit einem DENV die Komplikationen einer Zweitinfektion ausgelöst hätte. Im Verlauf dieser Forschungsarbeiten ist es gelungen, das Oberflächenmerkmal zu identifizieren, das für die Komplikationen bei Zweitinfektion verantwortlich und allen vier Dengue-Viren gemein ist. Gegen genau dieses Antigen ist der Impfstoff auch wirksam.

 

Der jetzt verfügbare Lebendimpfstoff Qdenga® kann also zuverlässig gegen schwere Verläufe nach einer Infektion nach Impfung und gegen schwere Verläufe nach einer Erstinfektion und einer danach erfolgten Impfung schützen. Er schützt auch zuverlässig gegen Infektionen mit DENV 1-3, aber nicht sehr gut gegen eine Infektion mit DENV 4. Das heißt, dass trotz Impfung auf Infektion mit DENV 4 ein Dengue-Fieber folgen kann, aber wahrscheinlich mit mildem Verlauf.

Der Impfstoff ist ab dem vierten Lebensjahr zugelassen und sollte zwei Mal im Abstand von drei Monaten verabreicht werden. Die erste Impfung verleiht Schutz für  6 bis maximal 12 Monate. Wie lange, möglicherweise lebenslang, der Impfschutz nach der zweiten Impfung anhält, ist noch nicht bekannt.

 

Die unerwünschten Nebenwirkungen der Impfung, soweit aus den Zulassungsstudien bekannt, entsprechen denen anderer Lebendimpfungen wie gegen Gelbfieber, Mumps, Masern, Röteln oder Windpocken. Es können, meist einige Tage nach der Impfung, Fieber, Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen auftreten, wie bei irgendeiner Infektionskrankheit. Der Hautausschlag, der typisches Zeichen bei natürlicher Infektion ist, kann auch einige Tage nach der Impfung auftreten. Diese Nebenwirkungen erleben ca. 5% der Geimpften.

 

Dieser Impfstoff ist noch nicht das Gelbe vom Ei. Aber das Beste das wir derzeit haben. Es sind noch mehrere andere Impfstoffe in der Entwicklung. Sicherlich wird es irgendwann einen Impfstoff geben, der gleich gut gegen alle DENV-Serotypen und die Komplikationen bei Zweitinfektion bzw. Infektion nach Impfung wirkt. Momentan rate ich allen, die in betroffene Gebiete (siehe Karte) reisen, zur Impfung.

 

Der Impfstoff Qdenga® ist teuer – 112,50 @/Dosis (offizieller Apotheken-Abgabepreis) – aber, wie ich meine, sein Geld wert.

 

Manche Impfkandidaten fürchten sich vor einer neu zugelassenen Impfung; sie fühlen sich als Versuchskaninchen. Aber der Impfstoff hat selbstverständlich die notwendigen klinischen Studien durchlaufen, die keine Hinweise auf ernste Komplikationen ergeben haben.

Übrigens: Die erste Impflingin, die ich nach Erhalt des Impfstoffs im Mai 2023 versorgt habe, war meine Ehefrau. Sie verspürte keinerlei Nebenwirkungen. Zweiter Impfling war mein Stiefsohn. Der berichtete von oben erwähntem Hautausschlag fünf Tage nach der Impfung, der reizlos war und nach zwei Tagen folgenlos verschwand. Seither habe ich ca. 70  Impfungen verabreicht (Stand 27.7.2023) und keine Rückmeldungen über unerwünschte Nebenwirkungen erhalten.

 

Eine gute Reise und gesunde Wiederkehr wünscht Ihnen

 

Dr. Johannes Reck

Reisemediziner, Facharzt für Allgemeinmedizin

Reisemedizinische Beratungspraxis

Ruckweg 3

88444 Ummendorf

www.duene-7.de

 

Interessenkonflikte: Ich verabreiche die Impfung, habe aber keinerlei Verbindung zur Herstellerfirma Takeda.